Selbstfindung

Was meint dieser Satz?

Ich habe mich immer zu dem Wort Selbstfindung hingezogen gefühlt. Ich habe mich immer gefragt, was es meint. Ich bin doch ich. Ich spüre mich. Ich handele. Ich fühle. Ich lebe doch.

Was also soll ich denn da noch Anderes finden?
In meinen Jugendjahren begann ich dann auch mit bewusstseinserweiternden Substanzen zu experimentieren und hatte teilweise wirklich sehr interessante und mystische Erfahrungen. Ich interessierte mich für die Fragen um Gott und religiöse Praktiken. Ich wollte Krankheit, Medizin, Heilung und Gesundheit verstehen. Ich beobachtete die Gesellschaft und deren Werte. Ich hinterfragte die Richtigkeit der Werte, z.B. von Kommunismus, Sozialismus, Faschismus, Kapitalismus, … und auch deren Umsetzung. Ich fragte mich was die Menschen-rechte für eine Bedeutung haben, schliesslich bin ich ein Mensch. Bei allem aber war mir irgendwie immer eines klar.

ICH bin es, der sich dafür interessiert.

Ich wusste nur eines nicht. Was das ICH ist und wieso diese Dinge für mich wichtig waren?


Mich trieb schon immer ein wesentliches Gefühl an. Ich wollte immer die Liebe finden und leben. Mit aller Konsequenz wollte ich die Liebe erleben und am besten sein. Mit Haut und Haar und jeder Zelle meines Körpers spüren. Und in allem was ich erlebte und an Wissen sammelte, war es die Liebe sowieso, welche der Grund aller Dinge ist. Also bedeutete mir die Aussage „Selbstfindung“, mich selbst innerhalb des L(i)ebens zu finden. Mich selbst als liebendes Geschöpf der Welt zu erleben.

Normalerweise sollte es wohl so sein, dass jedes Geschöpf innerhalb der Liebe aufwächst. Du wirst in Liebe gezeugt, du wirst in Liebe geboren und du wirst liebend in deine Leben erwachsen. Nur leider musste ich die Erfahrung machen, dass dem irgendwie nicht so ist. Einige meiner Erlebnisse führten dazu, dass ich mich doch nicht ausnahmslos geliebt fühlte und soit auch nicht wirklich frei sein konnte wie es mir mein Gefühl anzeigte. Irgendwie war ich (oder etwas) falsch.

Jedes Kind strebt aber nach dem Gefühl des „gewollt seins“. Und zwar genau so wie es ist. Niemand will etwas extra dafür tun, um zu gefallen und überhaupt angenommen zu sein. Ich lebe, also bin ich. Und ich bin wie ich bin. Perfekt.

Dort zeigt sich ganz natürlich unser aller tief verwurzeltes Streben nach Verbundenheit. Wir sind soziale Wesen. Wir leben durch unsere Emotionen und der Zugehörigkeit in den Verbund, ein soziales Umfeld.

Dem gegenüber steht ein anderer tief verwurzelter Trieb. Das Streben nach Autonomie, nach Selbstwirksamkeit und individuellem Erfolg. Dieser kann mit seinem Erwachen ein Dorn im Auge der Eltern sein und sich sehr verstärken, wenn das Ich-Bewusstsein einsetzt. Dort beginnt dann der Lebensabschnitt, den man gern mit Trotzphase bezeichnet. Allerdings ist es keine Trotzphase, sondern vielmehr der klare Wunsch nach autonomer Exploration. Die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Ab diesem Moment sollte jeder Mensch von seinem Umfeld in Liebe dazu begleitet werden ein vollumfängliches selbstbewusstes Mitglied der Gesellschaft zu werden. Nur leider beginnen dort die Schwierigkeiten, die uns aus uns Selbst herausziehen. So rutschen wir aus unserer Mitte, bei manchem bis hin zu offensichtlicher „Ver-rückt-heit“ (z.B. psychiatrischen Störungen, Psychosen), bei anderen zu leichteren Neurosen (Zwänge, Automatismen,…).

Hinzu kommt, dass das Bewerten unseres Verhaltens durch unsere Eltern, oder Erzieher oder dem Schulsystem, uns eher dazu bringen unseren Selbstwert von diesen abhängig zu machen, uns davon bestimmen zu lassen und damit eher unsere eigene Wahrnehmung anzuzweifeln. Aufgrund der Hierarchie wird damit verbunden Macht ausgelebt und Interessen durchgesetzt.

Einfach ausgedrückt: Wenn du das so machst wie wir das gerne hätten, dann bist du super ok. Wenn nicht, dann gibt es … Erziehung (über Lob und Strafe).Die Note 1 führt zum Erfolg innerhalb des Systems und die Note 6 zum durchgesiebten Satz.

Dadurch, da das ziemlich früh in unserer Entwicklung beginnt, stellen wir dies auch nicht in Frage, sondern nehmen diese Normen und Werte als Gesetz hin.

Wir passen uns an und die innere Stimme, unsere individuelle Lebensfreude und der Mut dieser zu folgen wird in einem Käfig eingesperrt. Wir versuchen ein passendes Rädchen im Getriebe der Gesellschaft und deren Bewertungen zu sein. Hauptsache wir sind nicht ausgestoßen und gehören irgendwie dazu. Das kommt einer existenziellen Frustration gleich und nimmt uns den natürlichen Impuls zur Persönlichkeitsentfaltung, was sich dann als Depression zeigt. Unterdrückung der eigenen Lebensfreusde und Lust.

Diese Depression ist der Grund für alle Krankheit überhaupt. Weil wir uns mit dem „so geworden sein“ identifizieren, kompensieren wir den immer wieder aufkommenden Unmut und Trauer, durch alle möglichen, ins übertriebene geneigte, Handlungen. Zum Beispiel: übermäßiger oder Extremsport, Essen und alle damit verbundenen Störungen, Kaufsucht, Arbeitssucht, Erziehung, Tiere, Schenken, Medien-Konsum, Sex, Politik, …

Hinter dieser Art der Handlungen lässt sich immer die gleiche Motivation finden.

Bin ich so OK? Nehmt ihr mich bitte so wie ich bin, auch im Fehler? Wenn ich schon sonst mache was ihr mir vorgebt, dann will ich zum Ausgleich wenigstens ab und zu machen was ich will.

„Wenn ich nur darf, wenn ich soll aber nie kann, wenn ich will, dann mag ich auch nicht, wenn ich muss. Wenn ich aber darf, wenn ich will, dann mag ich auch, wenn ich soll. Und dann kann ich auch, wenn ich muss.“
-Prof. Dr. Heinz Schirp-

Unsere Gesundheit hängt aber insgesamt von unserer körperlichen, geistigen und seelischen Übereinstimmung ab. Wenn ich nicht wirklich das tue, was meinem Inneren entspricht, sondern das lebe, was ich meine das man es so tut, dann erlebt das mein gesamtes System als Unstimmigkeit und Zwang. Diese Disharmonie stellt die Basis für Krankheiten zur Verfügung. Emotional, geistig und auch körperlich.

Selbstfindung meint also, dass Du Dir und deiner vergrabenen inneren Stimme deiner Seele begegnest. Du stellst bewusst den Kontakt zu dir her. Fernab der ganzen Normen und Meinungen von außen, richtest du diese Verbiegung durch diese Vergewaltigung deiner Seele wieder ins Lot. „Komm Zu Dir“ bedeutet, wieder in dein eigenes Selbstbewusstsein hinein zu treten und aus diesem heraus das Leben zu leben, was wirklich deinem Herzen, deinem Wesen entspricht. Dort bildest du den Grund für einen gesunden Egoismus. Nur wer sich selbst und seine Grenzen wirklich kennt und diese auch angemessen mit Gefühl vertreten kann, ist wirklich ein „gutes“ Mitglied der Gemeinschaft.

Darüber hinaus, Selbstbewusstsein stärkt das Immunsystem. Es ist die Grundlage für Gesundheit. Selbstbewusstsein meint nicht immer der Held oder die Heldin zu sein. Es macht aber möglich immer, selbst auch im Moment der Schwäche heldenhaft zu sein. Selbst wirklich bewusst zu sein bedeutet, sich selbst also gefunden zu haben
und auch So wie ich aus meiner Natur heraus bin zu leben.

Frei, lebendig, wild, kreativ, mutig, stark und kraftvoll, liebevoll, gesund, …

„Deine Aufgabe im Leben ist es nicht, nach der Liebe zu suchen,
sondern lediglich alle Hindernisse aufzuspüren,
die du der Liebe in den Weg gestellt hast.“
-Rumi-

Das Selbst ist frei. Das Selbst liebt frei. Frei zu Lieben meint nicht naiv und leichtgläubig zu sein. Diese Freiheit beschreibt die Abwesenheit der Schranken und Mauern die wir aufgrund dieser Missachtung von außen aufgebaut haben. Wir haben Angst vor emotional Verletzungen. Also versuchen wir alles, was die Möglichkeiten bietet nochmal in solche Situationen zu geraten, zu vermeiden. Dabei sehnen wir uns aber nach Liebe. Weil wir selbst Liebe sind. Wir sind ein absoluter Teil des Liebens. Wir wollen es leben, denn aus dieser Liebe heraus, fühlen wir uns freudig lebendig. Also müssen wir uns selbst begegnen und mit Mut diese Mauern langsam wieder abtragen.

Unser Inneres Kind muss wieder frei spielen dürfen.
Du musst wieder frei leben dürfen.

In der Bibel steht geschrieben:

„Jesus sagte: … Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.“

DAS EVANGELIUM NACH MATTHÄUS (Mt 18)

Ein Kind ist in seinem Gemüt nach frei und unbeschwert.

Christian Reuße

02.01.2021

Kategorien: Allgemein